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  • Mia Dollmann

Das Foltergefängnis in Sednaja

Normalerweise ist Sednaja ein Ort des Friedens und der Einkehr. Knapp seit 1500 Jahren pilgern die Menschen in den Bergort ungefähr 30 Kilometer nördlich von Damaskus ins Kloster unserer lieben Frau von Sednaja ein, was eines der ältesten Klöster weltweit ist. Doch jetzt leider ist Sednaja ein Ort der Folter und des Todes. Nur drei Kilometer vom Kloster entfernt befindet sich eines der größten und schlimmsten Foltergefängnisse des syrischen Assad-Regimes. Es ist ein Ort, in dem das Regime seit Jahrzehnten mutmaßliche Islamisten einsperrt. Von Jugendlichen, über Anhänger der Muslimbrüder, bis hin zu Qaida-Kämpfern, die mit Tonkasseten gepredigt wurden.


Nachdem die US eine Invasion auf den Irak startete, machte das Assad-Regime einem Teil der Insassen ein Angebot: Sie durften das Gefängnis verlassen, wenn sie eine kurze militärische Ausbildung machten und dann in den Irak gehen, um dort für al-Qaida gegen die US-Armee zu kämpfen. Ein Teil der ehemaligen Insassen wurden nie wieder gesehen, aber viele Islamisten wurden nach ihrer Rückkehr nach Syrien verhaftet und wieder in das Gefängnis gebracht. 2008 zettelten sie eine Revolte an. Sie fühlten sich betrogen. Erst nach ein paar Monaten stürmten die Republikanischen Garden das Gefängnis und konnten den Aufstand niederschlagen. Dutzende der Insassen wurden getötet. Auf Videos kann man sehen, wie der jüngere Bruder des Präsidenten mit seinem Handy Fotos von den verstümmelten Leichen der Opfer gemacht hat.


Ein Deutsch-Syrer saß jahrelang in Sednaja ein, mit Billigung der Bundesregierung. Sein Name ist Mohammed Haydar Zammar, er wurde nach dem 11.09.2001 wegen seiner Verbindungen zu Osama Bin Laden von der Polizei überwacht, auf der Reise nach Marokko von der CIA entführt und dann nach Syrien geliefert. Ihn ließ 2013 das Regime im Zuge eines Gefangenenaustausches mit islamistischen Aufständischen frei und nun hat er sich einer Organisation namens “Islamischer Staat” angeschlossen.


Seit dem Aufstand gegen Assad verschärften sich die Haftbedingungen, obwohl sie schon immer extrem waren. Die meisten Insassen werden in das Foltergefängnis gebracht, nachdem sie davor schon Monate oder Jahre von einem der 15 verschiedenen Geheimdienste in Syrien festgehalten wurden. Die meisten Insassen haben noch nie in ihrem Leben überhaupt einen Richter gesehen und die Anderen wurden innerhalb weniger Minuten von Militärtribunalen abgeurteilt, ohne eine Möglichkeit zu haben, um Einspruch einzulegen oder einen Rechtsbeistand zu fordern. Die meisten Insassen sind nur freigekommen, weil ihre Familien sie aufgespürt und sie dann freigekauft haben.


Übereinstimmende Reportagen internationaler Journalisten sind sich einig: Hier läuft einiges nicht richtig! Menschenrechte sind hier nichts wert. Zu Tode gequält, zu Tode geprügelt, Massenhinrichtungen-das alles ist hier völlig normal und an der Tagesordnung. In Sednaja wirst du nicht nur körperlich, sondern auch seelisch fertig gemacht. "In Sednaja fühlte es sich an, als sollte die Folter eine Art der natürlichen Selektion erreichen - als wollte man die Schwachen loswerden, sobald sie eintrafen", erzählte Omar S. in dem Amnesty-Bericht. Die Wenigsten überleben hier einen Aufenthalt. Geständnisse werden unter Folter erzwungen, auch wenn sie falsch sind. Die Zellen sind natürlich alles andere als schön, Licht gibt es dort fast gar keines. "Es ist völlig dunkel, es gibt kein Licht. Du kannst nicht einmal die anderen Zelleninsassen sehen", berichtet Salam, ein Anwalt aus Aleppo, der von Januar 2012 bis Juni 2014 in Sednaja einsaß. Man teilt sich seine Zelle oft mit vielen anderen, Gespräche sind verboten, Kleidung ist bis auf höchstens Unterwäsche nicht erlaubt, im Winter ist es dort kalt und die Insassen frieren sehr, "In unserer Zelle haben wir uns zu siebt eine Decke geteilt", berichtet ein Armeekommandeur. Wenn man mal aus der Zelle geholt wird, darf man auf keinen Fall die Wärter angucken, "Als sie uns nach zwölf Tagen nach oben brachten, guckte einer der Gefangenen aus Versehen den Wärter an. Er wurde zu Tode geprügelt, genau vor meinen Augen", berichtet Qayis. Die Wärter in Sednaja benutzen die Insassen als Spielzeuge, sie zwingen sie z.B sich gegenseitig zu vergewaltigen.


Die Nahrungsmittelversorgung ist dort mehr als unzureichend und gegessen wird vom verdreckten Boden, "Man müsste Bücher darüberschreiben, um den Hunger in Sednaja zu beschreiben", berichtet der Ex-Gefangene Wael. "Nach dem Essen suchten wir auf dem Boden nach einem Korn Reis oder Bulgur. Wir waren wie Hühner.". Aufgrund der schlechten Hygiene Bedingungen verbreiten sich Krankheiten und Infektion sehr schnell. Man könnte Sednaja als Hölle auf Erden beschreiben.

In Zusammenarbeit mit Sophie Zemke entstanden!

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